Die 10 häufigsten Anfängerfehler bei der Geldanlage
10/10/20248 min lesen


Einleitung
In diesem Blogbeitrag möchte ich die aus meiner Sicht 10 häufigsten Anfängerfehler bei der Geldanlage beleuchten, damit du diese vermeiden und erfolgreich anlegen kannst.
Egal, ob mangelnde Kenntnisse über das Investieren oder fehlende emotionale Disziplin, jeder Anfänger begeht mindestens einen der Fehler in seiner Laufbahn. Behältst du die wichtigsten Grundregeln im Hinterkopf und hast deine Emotionen im Griff, wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich.
Fehler 1: Ohne klare Strategie investieren
Stell dir vor, du fährst in den Urlaub, aber kennst die Strecke, die du fahren musst, nicht. Du hast kein Navi und weißt auch nicht, wann und wo du mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kannst. Ähnlich verhält es sich, wenn du ein finanzielles Ziel hast, das du mit der Geldanlage verfolgst, aber keine klare Strategie verfolgst.
Finanzielle Ziele lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit sehr vielen Strategien erreichen, jedoch bedingt der Erfolg auch eine strukturierte Umsetzung jener Strategien. Egal, ob du mit dem Zug fährst oder mit dem Auto, mit einem Plan wirst du dein Ziel früher oder später erreichen. Fährst du allerdings planlos durch die Weltgeschichte, kannst du dir nicht sicher sein, dass du überhaupt ankommen wirst.
Setzt du bei deiner Anlagestrategie bewusst voll auf die maximale Diversifikation über ETFs, solltest du dich nicht dazu verleiten lassen, Einzelaktien zu kaufen, weil du dadurch aktiv das Risiko erhöhst und entgegen deiner eigentlichen Strategie arbeitest. Denn: Bei einer Einzelaktienstrategie muss man sich teilweise anders verhalten als bei einer diversifizierten ETF-Strategie.
Wähle eine Strategie, die zu dir passt und dich ans Ziel bringt. Kenne die Eigenschaften und den Zeithorizont deiner Strategie und setze sie konsequent um. So kommst du planbar und sicher ans Ziel.
Fehler 2: Ohne Investmentthese investieren
Wenn Anfänger in Einzelaktien investieren, begehen sie häufig den Fehler, ohne Investmentthese zu investieren. Du solltest niemals eine Aktie kaufen, ohne eine These darüber zu haben, wie und warum sie sich entwickeln wird. Die These sollte nie einfach nur "Ich glaube, Aktie XY wird steigen" lauten.
Die Geldanlage ist eine rationale Beschäftigung. Das heißt: Investiere nicht nach Bauchgefühl. Traust du dir die nötige Kompetenz zu, eine Investmentthese aufzustellen, lass am besten die Finger von Einzelaktien. Hast du die nötigen Fähigkeiten, formuliere vor jedem Investment eine klare These.
Durch die These weißt du immer genau, worauf es bei deiner Aktie ankommt. Sie ermöglicht dir auch, einen klaren Ausstieg zu finden, wenn die These invalidiert wurde. Ist deine These zum Beispiel, dass deine Aktie eine hohe Dividende auszahlt, musst du besonders darauf achten, ob das Unternehmen die hohe Dividende in Zukunft auch halten kann. Streicht es die Dividende, ist deine These invalidiert und du kannst die Aktie getrost verkaufen.
Fehler 3: Zu früh verkaufen
Viele Anfänger fokussieren sich bei der Geldanlage ausschließlich darauf, was und zu welchem Zeitpunkt sie kaufen. Fast niemand macht sich dabei Gedanken, wann und warum er verkaufen wird. Eine sogenannte "Exit-Strategie" ist genauso wichtig wie die Analyse vor dem Kauf.
Anleger, die keine Exit-Strategie und (zum Glück) keine unrealistischen Renditeerwartungen haben, neigen dazu, ihre Investments zu früh zu verkaufen. Man hat meistens ohnehin Fehler 2 begangen und keine Investmentthese aufgestellt und sieht plötzlich, dass die Hälfte seiner Investments 5-10% im Plus notieren. Sollte man jetzt verkaufen? 5-10% in kurzer Zeit ist immerhin keine schlechte Rendite.
Das Problem dabei ist, dass die Verteilung der Renditen am Aktienmarkt nicht gleichmäßig ist. Laut einer Studie von Bessembinder (2018) erzielen nur 4% der amerikanischen Aktien die Gewinne, die den gesamten Aktienmarkt nach oben ziehen.
Fakt ist:
1. Deine Gewinner müssen die Verluste deiner Verlierer ausgleichen bzw. übertreffen.
2. Aufgrund der ungleichen Verteilung muss eine einzelne Gewinneraktie eine weitaus höhere Rendite erwirtschaften, als eine einzelne Verliereraktie verlieren wird.
Angesichts dessen ist es dringend notwendig, einige Gewinner weiterlaufen zu lassen, teilweise in Renditesphären, die unintuitiv und unrealistisch erscheinen. Aber: Selbst die Aktie des Weltkonzerns Meta hat sich innerhalb der letzten 12 Monate fast verdoppelt.
Kommen wir noch einmal auf Fehler 2 zurück. Investierst du in Einzelaktien, solltest du immer eine Investmentthese aufstellen. Wird deine These invalidiert, solltest du verkaufen. Egal, ob die Aktie gefallen oder gestiegen ist. Ist deine Investmentthese aktiv, ist es egal, ob die Aktie in 2 Monaten um 100% gestiegen ist, vorausgesetzt deine Recherche und Analyse im Vorfeld war fundiert, gibt es keinen Grund, die Aktie zu verkaufen.
Denke immer daran: Auch wenn ein Verkauf bei leicht gestiegenem Aktienkurs im Einzelfall verlockend ist, solltest du immer dein gesamtes Portfolio im Blick behalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Aktie fällt, ist wesentlich höher, als dass sie steigt. Diese zahlreichen Verlierer musst du zwangsläufig mit wenigen Gewinnern ausgleichen. Du solltest diese Gewinner nicht einschränken, indem du zu früh verkaufst. Verkaufe aufgrund deiner These, zum Beispiel weil sich Fundamentaldaten verändert haben. Verkaufe nicht aufgrund deiner Rendite.
Fehler 4: Nicht diversifizieren
Ein weiterer oft gesehener Anfängerfehler ist die fehlende Diversifikation. Früher oder später stürzen sich die meisten Anfänger auch auf Einzelaktien. Einige andere sind von einer bestimmten "Zukunftsbranche" überzeugt und investieren in fokussierte ETFs.
Hier herrschen zwei Trugschlüsse:
1. Ein ETF heißt nicht zwangsläufig, dass du diversifiziert bist.
2. Nur weil du einige diversifizierte ETFs hältst, kannst du nicht unbesorgt Einzelaktien kaufen.
Diversifikation heißt nicht allein in viele Aktien zu investieren. Diversifikation heißt in Aktien bzw. Anlageklassen zu investieren, mit dem Ziel, ein Portfolio zu entwickeln, das in seinen Bestandteilen wenig korreliert.
Bin ich davon überzeugt, dass KI die Welt verändern wird, wie es das Internet getan hat, kann ich in spezifische KI-ETFs investieren, die Hunderte von verschiedenen Aktien beinhalten. All diese Aktien korrelieren aber beinahe perfekt miteinander und wenn meine Wette nicht aufgeht, bin ich nicht abgesichert. Das hat nichts mit Diversifikation zu tun. Ein Einzelaktienportfolio mit 30 Aktien, wovon 20 KI-Aktien sind und 10 Aktien, die nicht mit der Tech-Branche korrelieren (z.B.: Konsumgüter oder Versorgungsunternehmen) bietet eine ähnliche Renditeerwartung und reduziert das Risiko enorm.
Im Umkehrschluss heißt das auch: Diversifikation ist auch mit Einzelaktien möglich. Man muss sich nur bewusst machen: Was ist Diversifikation und wie erreicht man sie? Es kommt nicht alleinig auf die Anzahl der verschiedenen Aktien im Portfolio an, sondern auch auf die Korrelation untereinander.
Fehler 5: Kosten unterschätzen
Ein Grund für das langfristige Investieren allgemein, aber auch speziell für das Investieren in ETFs sind die Kosten. Vielen Anfängern erscheint das logisch, weshalb sie erst mal eine ETF-Strategie verfolgen, stürzen sich dann aber auf Einzelaktien und verkürzen ihren Anlagehorizont immer weiter. Sie vergessen dabei, dass die Kosten ein ernsthafter Grund für das langfristige Investieren sind.
Die durchschnittliche Sparsumme in Deutschland liegt zwischen 200 und 400 Euro im Monat und die eine Aktie im DAX kostet zwischen 50 und 300 Euro. Selbst wenn ein Anleger bei einem Neobroker investiert, der 1 Euro an Gebühren pro Transaktion verlangt, verliert man beim Kauf und Verkauf zusammen ca. einen Prozentbetrag im einstelligen Bereich an Rendite. In einem Geschäft, in dem es um jedes Prozent geht, sollte man solche Gebühren immer im Hinterkopf behalten.
Investiere deshalb mit langem Zeithorizont und handele nicht ständig. Je weniger Transaktionen du tätigst, desto weniger Gebühren musst du zahlen.
Fehler 6: Nur auf bekannte Marken setzen
Jeder kennt Marken wie Apple und jeder benutzt Apps wie Instagram und investiert deshalb in die dahinterstehenden Unternehmen. Sich in seiner Geldanlage jedoch nur auf diese Aktien zu beschränken, ist ein weiterer beliebter Anfängerfehler.
Im historischen Verlauf haben Small Caps und Mid Caps die Large Cap-Unternehmen in fast allen Zeitspannen outperformed. Diese Art von Unternehmen nicht in seine Geldanlage einzubeziehen wäre in den meisten Fällen nicht rational - außer man fährt bewusst eine Strategie, die auf diese Unternehmen setzt.
Wählt man solche starken Marken nur aus dem Grund, weil man sich sicherer fühlt in diese zu investieren und um sich nicht mit kleineren Unternehmen auseinandersetzen zu müssen, sollte man sich entweder durchringen das zu tun oder lieber nicht in Einzelaktien investieren.
Fehler 7: Den Markt "timen" wollen
Von meinen Freunden bekomme ich häufig die Frage gestellt: "Wann kommt der Crash?" oder "Wann geht es endlich wieder aufwärts?" Klar erwartet man von Top-Ökonomen oder Fondsmanagern, deren Job es ist, jeden Tag Aktien zu handeln und den Markt zu beobachten, dass sie eine Ahnung haben, wie die Zukunft aussehen wird.
Fakt ist: Keiner weiß, wann eine Bewegung am Markt passieren wird. Mit viel Recherche, Expertenwissen, Erfahrung und Analysearbeit kann man eine fundierte Einschätzung treffen, wie sich die Märkte entwickeln, selbst diese basiert allerdings nur auf Wahrscheinlichkeiten. Zu wissen, wann diese Entwicklung stattfindet, ist nahezu unmöglich.
Wenn es Profis schon nicht schaffen, warum solltest du es dann versuchen?
Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Du glaubst aufgrund deiner Analyse, dass die Märkte in den nächsten 6 Monaten abstürzen werden. Selbst wenn du mit deiner Analyse richtig liegst, weißt du nicht, wann dieses Event eintreten wird. Vor lauter Vorsicht ziehst du dich zurück und verkaufst alle deine Positionen. Nach 5 Monaten kommt tatsächlich der Crash. Der Markt fällt um 10%. Das Problem dabei: Du hast 5 Monate an (möglicherweise) kontinuierlichem Anstieg verpasst. Falls der Crash wirklich in der Form eintritt, hast du wahrscheinlich trotzdem mehr Rendite gemacht, als die anderen. Kommt der Crash verspätet oder gar nicht, hast du den Anstieg komplett verpasst und ein halbes Jahr oder mehr an Rendite verschlafen.
An diesem Beispiel solltest du erkennen: Selbst wenn du hervorragend darin bist, Prognosen zu treffen, verschlechtert das "Markttiming" dein Chancen-Risiko-Verhältnis. Wenn du überzeugt bist, ein Crash steht bevor, versuche dich in Hedging Strategien, diese sind weitaus effektiver als das "Markttiming". Im Hedgefonds-Business sagt man nicht ohne Grund, dass es sich kein Hedgefondsmanager leisten könne, nicht im Markt investiert zu sein.
Fehler 8: Ungeduldig sein
Vom komplexen Markttiming kommen wir jetzt wieder zu einem "einfachen" Fehler: Ungeduldig sein. Wenn Leute an Aktien und an die Börse denken, dann denken sie meistens an reiche Banker oder an kuriose Geschichten von schnellem Reichtum. Langfristiges Investieren ist dabei überhaupt kein Weg zu schnellem Reichtum.
Natürlich gibt es phänomenale Geschichten über Unternehmen, die plötzlich durch die Decke gingen, diese sind aber äußerst selten und nicht die Regel. Man kann sein Geld natürlich auch in Optionen oder Faktorzertifikate investieren, die Art und Weise dadurch zu gewinnen, gleicht aber meistens einem Casinobesuch.
Wer fundiert und mit akzeptablem Risiko investiert, muss sich auf einen langen Weg hin zum Reichtum einstellen. Nicht umsonst spricht man von einer phänomenalen Rendite, wenn man es schafft, 15-20% pro Jahr zu erwirtschaften.
Falls deine Aktie, die du gekauft hast, nach einer Handelswoche noch nicht im Plus liegt, bleib geduldig. Es kann gut und gerne mal 2 Jahre dauern, bis es zu größeren Bewegungen bei deinen Positionen kommt. Das ist ganz normal, denn: Die wirklich fundamentalen Daten eines Unternehmens ändern sich in der Regel frühstens mit der Veröffentlichung neuer Quartalszahlen, also nach 3 Monaten. Der erste Jahresbericht ist nach 12 Monaten fällig. Werden in der Zwischenzeit keine News über Unternehmensübernahmen oder -fusionen bekannt und ändern sich keine politischen Rahmenbedingungen, kann sich ein Unternehmen in dieser Zeit auch gar nicht verändern, weshalb auch der Wert und somit der Aktienkurs stabil bleiben sollte.
Kannst du die nötige Geduld für das langfristige Investieren in Aktien nicht aufbringen, ist dieser Anlagestil vielleicht nicht für dich geeignet.
Fehler 9: Eine unrealistische Renditeerwartung haben
Wie eben erwähnt ist eine Rendite zwischen 15% und 20% bereits phänomenal. Zum Vergleich: Der Aktienmarkt erwirtschaftet historisch 8-10% pro Jahr. Das und auch nur das sind die Maßstäbe, die du für dein Portfolio ansetzen solltest. Wer mehr erwartet oder verspricht, muss zwangsläufig sein Risiko enorm in die Höhe schrauben. Sei es durch fehlende Diversifikation oder durch illiquide Märkte wie bei alternativen Anlageklassen.
Halte deshalb deine Erwartungshaltung realistisch. Eine Marktrendite zu erwirtschaften, ist keinesfalls schlecht. Wer dir hohe Renditen ohne Risiko verspricht, der lügt zwangsläufig. Am Ende musst du selbst entscheiden, wie viel Risiko du gehen willst. Entscheidest du dich für einen langfristigen Anlagestil in Aktien und ETFs, erwarte keine Rendite über 15%, andernfalls wirst du höchstwahrscheinlich enttäuscht werden.
Fehler 10: Emotional handeln
Der letzte und wahrscheinlich häufigste Fehler, den Anfänger bei der Geldanlage machen, ist emotional zu handeln. Jeder kennt die zwei vorherrschenden Emotionen an der Börse: Angst und Gier.
Angst verspürst du meistens dann, wenn die Kurse schnell und stark gefallen sind. Gier herrscht vor, wenn die Kurse immer weiter in ungeahnte Höhen steigen.
Wie ich bereits erwähnt habe, ist das Investieren eine rationale Tätigkeit. Sie sollte wohlüberlegt, recherchiert und analysiert sein und nicht emotionsgetrieben. Gibt es einen rationalen Grund, wieso ein Unternehmen, für welches du einen Wert von 10 Euro pro Aktie bestimmt hast, morgen nur noch 7 Euro pro Aktie wert ist? Wenn du hinter deiner Analyse stehst und sich die fundamentalen Daten nicht geändert haben: Nein.
Lass dich nicht von der Marktstimmung anstecken, vertraue auf deine Analysefähigkeiten und investiere antizyklisch.
Der Bankier Nathan Rothschild sagte nicht umsonst: „Buy when there's blood in the streets, even if the blood is your own."